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Mittwoch, 10. Dezember 2014

Helga König: 7. Antwort zu Rolf Dobellis "Fragen an das Leben"

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"Fragen an das Leben"
"Wie offen reden Sie über Ihre seelischen Narben?" (Rolf Dobelli, "Fragen an das Leben" S. 162)

Frauen haben noch immer das Privileg, offener über seelische Narben sprechen zu dürfen als Männer, wobei sie es mittlerweile öffentlich seltener tun, sofern sie karriereorientiert sind. 

Schon längst haben sie begriffen, dass sie über verbalisierte Narben stolpern können und kommunizieren alles, was ihre Empfindsamkeit anbelangt nur noch hinter verschlossener Tür bei ihrem Therapeuten. 

Über die Ursachen einer Seelennarbe öffentlich zu sprechen, zeigt, welche "Schwachstellen" man psychisch hat, bekundet Angreifbarkeiten. Alle wollen Achill ohne Verse sein, Helden also, die es noch nicht einmal in antiken Epen gab. 

Man kann problemlos von einer seelischen Narbe auf weitere "Schwachstellen" schließen, diese kühl analysieren und dann kleine schmerzhafte Seitenhiebe austeilen oder gar einen präzisen Seelenmord planen.

Die Psychopathen aller Länder und Gesellschaftsschichten wissen das und handeln entsprechend überall stets den spitzen Dolch auf der Zunge tragend und erbarmungslos zustoßend. 

Kluge Männer wissen das. Sie haben deshalb über die Jahrhunderte hinweg gelernt, seelische Narben zu verbergen und so zu tun, als habe noch nicht einmal ein kleines, junges Lindenblatt auf ihrer gepanzerten Seele Platz. 

Die besonders Ausgebufften verkneifen sich sogar ein Lachen, denn auch Lachen ist ein Zugeständnis an das Gegenüber, das darin bereits Unterwerfungsbereitschaft ausloten könnte, deren Ursache sich durch leicht schmerzende Seelennarben begründen ließe. 

Männerspiele, eingeübt in Tausenden von Jahren haben das berühmte "Pokerface"" entstehen lassen, das zum Ausdruck bringt, dass man unverletzbar ist und selbst dann noch keinen Schmerz empfindet, wenn gerade eine wilde Elefantenherde über unser Seele munter hinweggetrampelt ist. 

"Wie offen reden Sie über Ihre seelischen Narben?"  Eine aufmerksame Frau, die von Männern gelernt hat, antwortet selbstironisch: "Wieso über seelische Narben reden? Ich habe keine!“ Oder noch dreister "Mich hat der Lebenskampf seelenlos werden lassen. Seither  bin ich unangreifbar."

Das klingt, bei entsprechend überzeugendes Mimik martialisch genug, um selbst Psychopathen einzuschüchtern.  Männerverhaltensmuster dokumentieren dies.

Doch vergessen sollten wir dabei nicht, dass melancholische Poesie, das Ergebnis von ungezählten Seelennarben ist und  diese Form der Poesie, sei es  in Rilkegedichten oder  in Moll-Stücken von Chopin zum Schönsten gehört, was die menschliche Seele hervorbringen konnte. 

Helga König

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