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Sonntag, 6. September 2015

#Helga_König: #Sonntagsgedanken- 6.9.2015

Der Ort, wo ich seit vielen Jahren lebe, befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Rhein-Main-Airport. Nicht nur deshalb wohnen hier schon seit Jahrzehnten Menschen aus aller Welt, die am Flughafen beschäftigt sind. Die multikulturelle Vielfalt belebt das Straßenbild. Stets bin ich neugierig, wo die Menschen geboren worden sind, die mir hier täglich begegnen und frage nach, wenn sich die Gelegenheit bietet. So entsteht zumeist ein kleiner, bereichernder Dialog, der Brücken baut. 

Da sind die freundlichen, jungen Postboten, die aus Rumänien kommen und sich bemühen rasch Deutsch zu lernen, da ist der nachdenkliche Gemüsehändler aus Istanbul, dessen Kinder alle zum Gymnasium gehen oder die höhere Schule schon durchlaufen haben und der seinen ältesten Sohn nach Australien zum Studium geschickt hat. Den Gemüseladen hat der Schwiegervater aufgebaut, ein sehr umsichtiger Mensch, der sich nicht schonte als er die Basis für einen Neuanfang seiner Familie legte. 

Da sind Kroaten, Serben, Griechen, Italiener, Spanier und Portugiesen, die schon in der 4. Generation hier leben und von keinem mehr als fremd wahrgenommen werden, das sind Türken, Tunesier auch Marokkaner und neuerdings nicht wenige Asiaten, deren Freundlichkeit einfach ansteckend ist. Sie alle haben etwas Neues mitgebracht, das, wenn man es annimmt, zur Weltläufigkeit führt.

Alle haben bemerkenswerte Familiengeschichten, so auch eine Ukrainerin, die mir von all dem, was die Deutschen im 2. Weltkrieg ihrer Familie antaten, ohne Vorwurf berichtet hat. Sie konnte vergeben, weil sie einen Neuanfang wollte. 

Dann sind da die Polen, die die Alten hier versorgen und dies oft mit einer Engelsgeduld, denn diese Alten kommen alle aus einer Zeit, wo Fremdenhass Normalität war. Im Alter spiegelt sich das in der Jugend Erlernte und lange Verdrängte häufig wie eine Zeitbombe im Gesamthabitus wieder. Nichts ist schlimmer als ein Herrenmenschhabitus. Damit umzugehen, ist nicht einfach. Ich bewundere den Langmut der polnischen Pflegekräfte.

Die multikulturelle Vielfalt belebt diesen und andere Orte im Rhein-Main-Gebiet. Man sieht es allein schon im Supermarkt und dort am Gewürzstand. Der Gewürzstand sagt mehr als manchem bewusst ist. Er ist ein Ausdruck geglückter Integration, die immer möglich ist, wenn alle wollen.

Erlaubt man sich einen Sonntagsspaziergang zum Airport, so erlebt man die Welt ganz nah. Unterschiedliche Sprachen, Düfte, Klänge führen zu einem harmonischen Miteinander, das dem Beobachter bekundet, dass wir alle auf einer gemeinsamen Reise sind. 

Wir haben die Chance uns auf dieser Reise gegenseitig  kennen zu lernen und müssen uns vor einem ungewissen Ziel nicht fürchten, denn wir sind ja nicht alleine, wenn wir es geschafft haben, auf dem Weg  Freundschaften zu schließen. 

"2015 wird als das Jahr einer großen Völkerwanderung in die Geschichte eingehen" twitterte ich gestern. 

Die Menschen, die jetzt zu uns kommen, werden das Land bereichern, denn gerade die #Syrer kommen aus einem alten Kulturgebiet. Die ältesten archäologischen Funde auf dem Gebiet des heutigen Syriens sind etwa eine Million Jahre alt, liest man bei Wikipedia. Wie viel Leid muss die Mittelschicht in einem Land erlebt haben, bis sie sich entschieden hat, das Land ihrer Väter zu verlassen und sich auf den Weg zu machen in eine sehr ungewisse Zukunft?

Unsere Gesellschaft wird sich verfeinern durch die Syrer, da bin ich mir sicher. Völkerwanderung kann zur großen Chance werden, wenn man  sich den Möglichkeiten öffnet, die sie bieten. 

Helfen ist immer auch eine Investition in die Zukunft. Kluge Menschen wissen das.

Helga König

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