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Samstag, 16. Januar 2016

Helga König: Sonntagsgedanken, 17. 1.2016

Nicht in Denkmuster religiöser oder ideologischer Fanatiker zu verfallen, sondern in jeder Beziehung zu deeskalieren, ist jetzt angeraten.  (Helga König, 13.1. 2016) 

Tarek Bae, Redakteur bei der "Islamischen Zeitung" postete am 13.1. 2016 auf Facebook "Heute sprengte sich ein Selbstmordattentäter der Boko Haram Sekte, welche sich dem IS verpflichtete, in Kouyape, Kamerun in einer Moschee in die Luft und tötete mindestens 15 Menschen. Werden nun alle, die sich über die Doppelmoral bezüglich Paris und Istanbul beschwerten, nun die Flagge Kameruns einsetzen und den Hashtag "JeSuisKouyape" verbreiten? Beten jetzt alle für Kamerun? Oder erkennen wir, dass auch wir selektiv sind? Ja, davon hörten die meisten natürlich nichts. Aber das verrät auch viel über uns.“ 

Diese Nachricht las ich erst am 14.1. und recherchierte daraufhin im Internet nach deren Wahrheitsgehalt. Hier stieß ich dann auf eine ntv –Kurznachricht, die Tarek Baes Post bestätigte. Am 13.1. 2015 schrieb ntv: "Während des Morgengebets in einer Moschee in Kamerun hat ein Selbstmordattentäter mindestens zwölf Gläubige mit in den Tod gerissen. Der Attentäter habe seinen Sprengstoffgürtel am Mittwochmorgen in der Moschee von Kouyape in der nördlichen Region Kolofata an der Grenze zu Nigeria gezündet, verlautete es von den örtlichen Sicherheitsbehörden. Demnach betete der Attentäter zunächst mit den Gläubigen, bevor er den Anschlag beging. Unter den Opfern sei auch der Imam der Moschee. Die Region Kolofata wird immer wieder von Boko-Haram-Kämpfern ins Visier genommen. Kamerun hat sich ebenso wie der Tschad, der Niger und Benin mit Nigeria im Kampf gegen die Islamistengruppe Boko Haram zusammengeschlossen. Im November hatte die kamerunische Armee der Islamistengruppe nach offiziellen Angaben bei einem dreitägigen Einsatz einen harten Schlag zugefügt und rund hundert ihrer Kämpfer getötet sowie 900 Geiseln befreit…."

Dass Tarek Bae auf Facebook auf die Terror-Opfer von Kamerun aufmerksam macht, halte ich für sehr wichtig und seinen Text begreife ich keinesfalls als provokant, sondern einzig als aufrüttelnd, weil er - was eigentlich jeder wissen sollte, doch leider nicht jeder wahrhaben möchte - dokumentiert, dass der IS keineswegs vor Muslimen halt macht, wenn es um Terror geht. Das Gegenteil ist der Fall. Die meisten Opfer des IS sind Muslime. Dies hierzulande immer wieder zu verdeutlichen, ist unsere Pflicht, um die  gemeinen Lügen der Rechtradikalen als solche zu entlarven.

Tarek Bae schrieb am 13.1. noch einen weiteren Beitrag auf Facebook, den ich ebenfalls hier zitieren möchte: "Der IS-Terror kennt keine Grenze. Er unterscheidet nicht zwischen Kurde, Araber oder Franzose, auch nicht zwischen Muslim, Christ oder Atheist. Er unterscheidet nicht zwischen bewaffnetem Gegner und unbeteiligtem Zivilisten, auch nicht zwischen Nachbar oder entferntem Ahnungslosen. Er schlägt täglich zu, egal ob Syrien, Irak, Türkei, Kurdistan, Libyen, Tunesien, Westafrika oder Frankreich. Am 12.01 traf es in Istanbul Deutsche. Es ist kein Zufall, dass wir dieses Ereignis eher wahrnahmen, als andere. Viele von uns fühlen sich verbunden mit Istanbul und es starben Landsleute. Nahe der Blauen Moschee und dem Deutschen Brunnen, einem Geschenk des damaligen deutschen Kaisers an den osmanischen Kalifen. Als Zeichen der engen Freundschaft, ein Brunnen aus dem wir schöpfen können. Der deutsch-muslimische Bund darf nicht gebrochen werden. Gerade in Zeiten von IS und Pegida ist er wichtiger als je zuvor(…).“ 

Was treibt junge Menschen dazu, sich in die Luft zu sprengen, um andere zu töten? Wie wenig wert ist ihnen ihr eigenes Leben und wie gering achten sie die Würde der anderen, die sie mit in den Tod nehmen? 

Die Tatsache, dass nicht nur Andersgläubige seitens der IS-Terroristen ermordet werden, deutet darauf hin, dass durch deren Gehirnwäsche viele unterschiedliche Feindbilder  in deren Köpfen Platz genommen haben und es schwierig werden wird, mit diesen aufzuräumen.  Es bedarf der Aufklärung und der Zuwendung, um  sie aus der Verblendung herauszuholen. Alles andere führt zu hirnloser Renitenz.

Tarek Bae appelliert zu Recht an die Solidarität zwischen Nichtmuslimen und Muslimen hierzulande, denn weder dem IS noch Pegida darf Gelegenheit geboten werden, neue Anhänger anzuwerben. Das funktioniert am besten, wenn man sich dezidiert von diesen radikalen Gruppen distanziert und gemeinsam überlegt, wie man sie am schnellsten überwinden kann. 

Gelebte Freundschaft ist in dieser Beziehung ein gutes Zeichen, sich einander beizustehen und zu helfen,  die Radikalen in die Defensive treiben  sowie auf einen  gemeinsamen Wertekonsens hinzuarbeiten. 

Tarek Bae klärt in gut verständlichem Deutsch auch auf Facebook über Gepflogenheiten von Muslimen auf, denen die Würde des Menschen und das heißt auch  die Würde der Frauen wichtig ist. 

Der Journalist schreibt am 7. 1. auf Facebook "Eine der ersten tiefergreifenden Lehren, die ich als Muslim von meinem Lehrer mitbekam war, dass ich Frauen mit Respekt behandeln muss. Zum einen dahingehend, dass ich ihre äußere Schönheit nicht meine Triebe derartig reizen lasse, dass ich ihren Geist ausblende und zum anderen, dass ich sie nicht als das ach so böse andere Geschlecht dämonisiere, sondern fähig bin stets gut, freundlich und rücksichtsvoll mit ihnen zu sprechen und zu sein.“ 

Tarek Baes Posts auf Facebook  werde ich fortan lesen, weil sie mir einen Einblick schenken in ein Denken, das von Werten geprägt ist, die durchaus auf Achtung, Fairness und Menschenliebe beruhen. Mit einem solchen Menschen mich intellektuell  auch auszutauschen,  kann kein Fehler sein.

Am 13.1. twitterte ich "Je mehr wir uns der Welt öffnen, umso weniger fürchten wir sie."

Menschen wie Tarek Bae  vermitteln  in einer Welt, die vielerorts wenig offen erscheint, Gedanken, die uns zeigen, dass Furchtsamkeit nicht weiterführt. 

Offensichtlich ist, dass der IS  nichts mit dem Glauben der aufgeschlossenen, europäischen Muslime zu tun hat, sondern dass er mittelalterliche Scharia- Vorstellungen instrumentalisiert, um weltweit Allmachtsfantasien auszuleben und zwar durch unsäglichen Terror.

Das ist  nicht akzeptabel.

Was noch zu sagen bleibt, lieber Tarek Bae: Ja, ich bete für den Frieden in Kamerun genau wie  Sie es tun.

Helga König

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