Impressum

Das Impressum finden Sie auf der Hauptseite von "Buch, Kultur und Lifestyle- Das Magazin für den anspruchsvollen Leser" wwww.rezensionen.co

Sonntag, 28. August 2016

Helga König: Sonntagsgedanken, 28.8.2016

Heute vor 267 Jahren wurde Johann Wolfgang von Goethe geboren. Ein guter Grund zum Feiern, nicht nur in Frankfurt  und Weimar...

Die ersten Goethe-Gedichte, die man früher in der Schule erlernte, waren "Gefunden" und "Heideröslein". Sie vermittelten, wenn auch unbewusst, den kleinen Mädchen und Knaben eine gewisse Sehnsucht nach dem Paradies, an das sich Kinder zumeist eher zurückzuerinnern können als Erwachsene, denen in ihren  Tagesgeschäften mehr daran gelegen ist, den Ego-Höllen zu entkommen, denen sie immerfort ausgesetzt sind. 

Kein verstorbener Dichter, kein Schriftsteller, kein Philosoph ist so vielen Menschen in aller Welt so nachhaltig in Erinnerung geblieben wie Goethe, obschon nicht wenige, die seinen Namen hören, kaum einen Text von ihm kennen. 

Woran mag es liegen, dass sich dennoch so viele an ihn erinnern? Vielleicht ist es darin begründet, dass Goethe eines der letzten Universal-Genies war und diese Tatsache per se beeindruckt. Doch es hängt gewiss auch damit zusammen, dass er aus seinem Privatleben und hier vor allem aus seinen Ess- und Trinkgewohnheiten, seinen Liebschaften und seinen zahlreichen Vorlieben kein Geheimnis machte. Viele Menschen können über seine Gepflogenheiten reden, obgleich sie seine Texte nicht kennen, weil zahllose Anekdoten über ihn  nach wie vor  die Runde machen. 

Wir erleben diesen Geistesmenschen stets ganz nah, sei es wenn wir seine Gärten in Weimar besuchen, sei es wenn wir seine Liebesgedichte lesen oder uns über seine Vorlieben für bestimmte Weine und bestimmte Speisen erfreuen. 

Von Schiller und Büchner kennen wir keine kulinarischen Affinitäten, wissen nicht, welche Weine sie tranken und von Kant kennen wir nur seine Vorliebe für Senf. Das ist tröge. "Will keiner trinken? Keiner lachen?" ruft Goethe ihnen zu.

Auch über den Philosophen Friedrich Nietzsche wissen wir diesbezüglich nur wenig. Hat er überhaupt etwas gegessen und getrunken, vor allem hat er irgendwann mal gelacht? Lou Andreas- Salomé hat ihn bekanntermaßen abblitzen lassen. So kann man kein Liebling der Frauen werden und auch Kleist mit seiner Todessehnsucht eignet sich nicht dazu. 

Was allen offenbar fehlte, war das Ja zum Leben. Goethe besaß es bis ins hohe Alter. Tanzen, flirten, gut essen und Wein genießen sind die Dinge, die man mit ihm spontan verbindet und deshalb voller Neugierde und entspannt seine Texte liest. Ein Mensch, der so lebensbejahend ist, quält andere nicht mit öden Texten. Er bereichert stattdessen. Das ist die Botschaft seines Lebens.

"Will keiner trinken? Keiner lachen?" ist ein Satz aus seinem "Faust", den er trotz seiner tiefsinnigen Texte lebte und der ihm viel Sympathie über den Tod hinaus einbrachte. 

Person und Werk sind bei Goethe eine Einheit. Deshalb feiern wir voller Freude gemeinsam seinen 267. Geburtstag. 

Aber lassen wir  das Geburtstagskind selbst zu Wort kommen:

Die Lustigen von Weimar 

Donnerstag nach Belvedere, 
Freitag gehts nach Jena fort; 
Denn das ist, bei meiner Ehre,
Doch ein allerliebster Ort! 
Samstag ists, worauf wir zielen, 
Sonntag rutscht man auf das Land; 
Zwätzen, Burgau, Schneidemühlen 
Sind uns alle wohlbekannt. 

Montag reizet uns die Bühne; 
Dienstag schleicht dann auch vorbei, 
Doch er bringt zu stiller Sühne 
Ein Rapuschchen frank und frei. 
Mittwoch fehlt es nicht an Rührung, 
Denn es gibt ein gutes Stück; 
Donnerstag lenkt die Verführung Uns nach Belveder’ zurück. 

Und es schlingt ununterbrochen 
Immer sich der Freudenkreis 
Durch die zweiundfunfzig Wochen, 
Wenn mans recht zu führen weiß. 
Spiel und Tanz, Gespräch, Theater,
Sie erfrischen unser Blut; 
Laßt den Wienern ihren Prater; 
Weimar, Jena, da ists gut!

Johann Wolfgang von Goethe

Helga König

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen