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Samstag, 26. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 27.11.2016

"Ich habe keine Antworten. 
Nur viel zu wenig Zeit, 
und noch viele Fragen... 
Wollen wir tanzen? 
(Tom@maesnett)

Dieser Tage fielen mir die Worte von Tom auf der Startseite von Twitter ins Auge. Ich kommentierte: Bin fasziniert von diesem Tweet, weil er Zeitgeist mit charmanter Gelassenheit paart.

Keine Antworten mehr zu haben, auf die vielen Fragen, die sich uns allen aufgrund einer völlig veränderten Welt stellen, macht uns auf Dauer handlungsschwach. Um in die Tiefe zu denken und auf diese Weise Schwierigkeiten zu begreifen, die man nur so wirklich lösen kann, fehlt es uns an Zeit.

Die Selbstvermarktung hat alle fest im Griff, besonders jene, die intellektuell arbeiten und vormals einen Großteil ihres Lebens damit verbrachten, kluge Antworten auf politische, gesellschaftliche und damit letztlich auf philosophische Fragen zu finden. 

Gute Antworten sind das Handwerkszeug, um Probleme aller Art zu lösen. 

In unserer Zeit prasseln Informationen ohne Ende auf uns herab. Antworten sind leider selten dabei, stattdessen ergeben sich immer weitere Fragen. Statements - im Grundton von intensiver Traurigkeit   soweit das Auge reicht - sind keine Antworten auf die tatsächlichen Fragen unserer Zeit. 

Zahlreiche namhafte Intellektuelle sind depressiv geworden, erscheinen deshalb seltsam gelähmt, haben ihre Freude, ihr Lustempfinden, ihren Antrieb verloren und nicht wenige sind in diesem Jahr sogar gestorben. Die düstere Grundstimmung zieht sich durch viele ihrer Bücher, in denen man selten Antworten findet, sondern zumeist nur noch Larmoyanz. 

Nirgendwo ein: "Wollen wir tanzen?"

Doch genau diese Frage gilt es zu beantworten und zwar mit einem überzeugten  "Ja". 

Tanzen wollen heißt, sich mit der Freude zu befassen, heißt aufzustehen, sich zu bewegen, in Harmonie mit dem Gegenüber, um so neue Kraft zu entwickeln, die notwendig ist, um Antworten zu finden, keineswegs nur auf die Frage "Wie ist diese Welt noch zu retten?"

Auf den Anderen zuzugehen, ihm die Hand zu reichen, machen Anfänge oder auch Neuanfänge erst möglich.

"Wollen wir tanzen?" ist eine Frage, die impliziert, dass man für Momente bereit ist, einen gemeinsamen Traum zu leben, in dem für Konflikte kein Platz ist. 

Tanzen war noch nie eine Ablenkung, sondern stets der direkte Weg zum Gegenüber. 

Heute lautet die zentrale Frage in dieser Welt  "Wollen wir Krieg führen?"  Anstelle in intellektuelle Weinerlichkeit zu verfallen, sollten wir entgegnen "Nein, wir wollen tanzen!"

Eine Textzeile von  Leonhard Cohen bringt es auf den Punkt: "Dance me through the panic 'til I'm gathered safely." 

Genau darum geht es, wenn man die Welt, auch die eigene, kleine retten will. Man braucht Mut und innere Sicherheit. Der gemeinsame Tanz lässt diese Eigenschaften wachsen. Deshalb auch sollten wir zukünftig häufiger aufmunternd fragen:

"Wollen wir tanzen?"

Helga König

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