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Sonntag, 6. November 2016

Helga König: Sonntagskolumne, 6.11.2016

"Ein guter Mensch kann bekanntlich ein schlechter Künstler sein. Aber niemals wird jemand ein echter Künstler, der kein großer Mensch und daher auch kein ‚guter Mensch‘ ist." Marc Chagall

Gestern Nachmittag rezensierte ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" einen Kunstband mit dem Titel "Marc Chagall - Die Glasfenster". In diesem Zusammenhang las ich obiges Zitat des Künstlers, das ich sogleich twitterte und auf Facebook postete, um zu sehen wie einzelne Leser auf diese Aussagen des Malers reagieren.

Der erste Satz des Gedankens korrespondiert nicht mit dem zweiten, auch wenn es beim flüchtigen Lesen so scheint: "Ein guter Mensch kann bekanntlich ein schlechter Künstler sein". 

In einer humanistisch ausgerichteten Kultur wird ein Mensch dann als "gut" eingestuft, wenn seine Handlungen unter ethischen Gesichtspunkten akzeptabel sind und er sich humanistischem Gedankengut verpflichtet sieht. Wer edel und hilfreich ist, verhält sich gut.  Dies in Frage zu stellen, ist eine typische Aufgabe von Haarspaltern.

Ein Künstler wird als "schlecht" eingestuft, sofern er sein Handwerk nicht versteht. Dennoch kann er sehr erfolgreich sein, wenn das, was er auf den Weg bringt, dem Zeitgeist entspricht und seine Werke deshalb wie warme Semmeln über den Ladentisch wandern. Kurzfristiger Erfolg kommt nicht zwingend von Können, langfristiger schon eher. Der schwankende Zeitgeist kehrt früher oder später stets zur Qualität zurück. Das wissen alle, die sich mit Kunst befassen.

"Aber niemals wird jemand ein echter Künstler, der kein großer Mensch und daher auch kein ‚guter Mensch‘ ist."

Der "echte" Künstler ist nicht das Gegenteil von einem "schlechten" Künstler, denn dies ist logischerweise der "gute" Künstler.

Der "echte" Künstler ist jener, der nicht nur Kunst schafft, sondern dessen Leben Teil seiner Kunst ist. Hundertwasser, Picasso, natürlich auch Chagall und viele andere, oft unbekannte Künstler können als "echte" Künstler bezeichnet werden. Das zeigen ihre Biografien. Kunst und Leben stehen nicht im Widerspruch zueinander und weisen zumeist enorme Brüche auf. 

Der "echte" Künstler braucht natürlich eine gefestigte Persönlichkeit, weil sein Leben alles andere als beamtenmäßig verläuft und er vor allem Lebenskünstler sein muss, wenn er keine Mäzene hat. Er muss Durststrecken überstehen, darf sich nicht korrumpieren lassen, sofern er seinen eigenen Stil pflegen möchte und damit den Durchbruch erlangen will. 

Das Durchhaltevermögen, das Aushalten von Anfechtungen machen ihn auf Dauer zu einer immer gefestigteren Persönlichkeit, zu einem großen Menschen, der sich nicht weg duckt, der unbeeindruckt zu dem steht, was er denkt und fühlt. Er agiert aus seiner Mitte heraus. Genau dort ist die Liebe und das Licht lokalisiert, das man für ein ethisches  gutes Leben benötigt.

Als Beispiel für einen "echten", dazu noch handwerklich  "guten" Künstler sowie "großen" und damit ethisch "guten" Menschen möchte ich den Maler Max Liebermann nennen. 

Wikipedia schreibt: "Am 7. Mai 1933, nach dem Beginn der Gleichschaltung im Sinne der nationalsozialistischen Deutschen Kunst, legte Liebermann Ehrenpräsidentschaft, Senatorposten und Mitgliedschaft in der Preußischen Akademie der Künste nieder und erklärte in der Presse: "Ich habe während meines langen Lebens mit allen meinen Kräften der deutschen Kunst zu dienen gesucht. Nach meiner Überzeugung hat Kunst weder mit Politik noch mit Abstammung etwas zu tun, ich kann daher der Preußischen Akademie der Künste […] nicht länger angehören, da dieser mein Standpunkt keine Geltung mehr hat.“[71][72] (siehe wikipedia

Max Liebermann zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Seine vormaligen Weggefährten mieden ihn fortan. Nur Käthe Kollwitz hielt den Kontakt zu ihm aufrecht. Auch sie war eine echte Künstlerin, besaß eine große Persönlichkeit und war ein guter Mensch wie man ihrer Biografie entnehmen kann.

Ein "echter" Künstler und ein "guter" Mensch haben eines gemeinsam, den Mut ihrem Herzen und ihrer Intention zu folgen, gleichgültig welche Nachteile dies für sie bringt. In einer Zeit wie unserer, in der nur der Vorteil zählt, haben es echte Künstler besonders schwer. Wenn sie das Wort ergreifen, droht ihnen nicht selten Unbill, denn die Unterdrücker dieser Welt haben Angst vor ihnen, weil "echte "Künstler eine innere Freiheit besitzen, die unverbrüchlich ist. Diese Tatsache macht "echte" Künstler gefährlich für all jene, die ihre Mitmenschen mit Vorliebe unterdrücken. Denn "echte Künstler" rütteln durch ihr Beispiel auf und motivieren zu passivem Widerstand. Dadurch wird der "echte Künstler" zum Vorbild für alle, die eine Welt gestalten wollen, die dem Prinzip der Fairness folgt.

Helga König

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