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Samstag, 3. Dezember 2016

Helga König: Sonntagskolumne 4.12.2016

"Man sollte immer ein wenig unwahrscheinlich sein" Oscar Wilde 

In Zeiten des Internets wird es vordergründig immer schwieriger obigem Anspruch Oscar Wildes gerecht zu werden. Nie zuvor haben wir die Chance besessen, eine solche Vielfalt an Charakteren kennen zu lernen, sowie Begabung und Können aber auch Spleens anderer Menschen zu studieren als heute, ohne dabei groß recherchieren zu müssen.

Nicht wenige User des Internets sind bemüht, vieles von sich und ihrer Lebenswelt preis zu geben. Dadurch werden die Menschen zwar nicht wirklich berechenbarer aber vielleicht ausrechenbarer als Konsumenten. Sind trotzdem immer noch Überraschungen möglich? 

Wer es schafft, bei allem stets aufs Neue ein wenig unwahrscheinlich zu sein, kann nicht eingepasst werden in Schablonen, die Bewerter sehr gerne zücken, wenn sie einen Menschen von seiner Persönlichkeit her verschubladen oder wenn Rattenfänger diesen Menschen alles Mögliche andrehen wollen.

Widersprüchlichkeiten in unseren Interessen oder Neigungen sorgen stets dafür, schnell an den Pranger gestellt zu werden. Grautöne sind verdächtig. Ein Intellektueller darf nicht genießen und ein Genussmensch kann nicht intellektuell sein. "Was nicht sein darf, das nicht sein kann", resümiert Christian Morgenstern in einem seiner Gedichte. 

So denken viele, die sich ihren Vorurteilen verpflichtet fühlen und eigentlich nicht überrascht werden wollen. 

Das Unwahrscheinliche nicht als Geheimnis für sich zu behalten, sondern es öffentlich zu zelebrieren,  bedingt nicht selten viel Mut, kann provozierend sein, dabei allerdings einen unabhängigen, intelligenten Akteur gewiss amüsieren. 

Wie gehen Betrachter mit geoutetem Unwahrscheinlichem um, Unwahrscheinlichem, das keineswegs spektakulär sein muss? 

In vielen von uns ruhen vermeintliche Unwahrscheinlichkeiten, die unsere Eigentlichkeit ausmachen und Ursache für Höhen und Tiefen in unserem Leben sind. Das Unwahrscheinliche kann eine Besonderheit unserer hellen aber auch dunklen Seite sein. Das gibt es dabei zu bedenken.

Das Unwahrscheinliche an Oscar Wilde war meines Erachtens nicht das Zusammenspiel seiner vielen Begabungen, sondern die Leichtfertigkeit, mit der er alles aufs Spiel setzte und es an einen vermeintlich Unwürdigen vergeudete. Genau das macht ihn aber zu einem der großen Liebenden, der nicht grundlos dort ruht, wo auch Pierre Abelard und Heloise einem anderen Leben entgegen schlafen.

Wir lernen Oscar Wilde zu begreifen, wenn wir nachstehende Sentenz  von ihm lesen:

"Wenn uns Liebe geschenkt wird, so sollten wir wissen, daß wir ihrer gänzlich unwürdig sind. Niemand ist würdig, geliebt zu werden. "   

Helga  König

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