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Samstag, 30. September 2017

Sonntagskolumne: Helga König, 1.10.2017

Gestern verlinkte ich einen Tweet des offiziellen Accounts von #Auschwitz_Memorial. In diesem Tweet wird an die Gräueltaten der Nazis vom 29/30. September 1941 erinnert. Unter der Verantwortung des Heeres der Deutschen Wehrmacht wurden in #Babyn_Yar in einer Schlucht auf dem Gebiet der ukrainischen Hauptstadt Kiew 33. 771 Juden  grausamst ermordet. Besagter Massenmord an der jüdischen Bevölkerung geschah, nachdem die 6. Armee und die Einsatzgruppe C der SS in Kiew einmarschiert waren. Bei der Durchführung des Holocaust in Russland spielte die Ordnungspolizei eine ebenso wichtige Rolle wie die Einsatztruppen und die SS, weiß man spätestens seit Daniel Goldhagens Buch "Hitlers willige Vollstrecker". 

Dabei nahm die Beteiligung der Polizeibataillone an den großangelegten Mordeinsätzen im Rahmen des Völkermordes am 22.6.1941 mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion seinen Anfang. Die Einsatztruppen ermordeten in den eroberten sowjetischen Gebieten weit mehr als 1 Million Juden. Die Polizeibataillone, die zum größten Teil aus Reservisten bestanden, trugen maßgeblich zu diesem Massaker bei. Das sei hier nochmals betont.* 

Wie grausam dieses Morden sich gestaltete, belegt Goldhagen an vielen Beispielen, so auch an einem Blutbad in der Stadt Bialstok, das hohe symbolische Bedeutung gewinnen sollte. Nachdem die Schergen der Nazis die Juden unsäglich gedemütigt hatten, trieben sie diese in eine riesige Synagoge, verteilten Benzin rund um die Gebäude, warfen einen Sprengkörper durch das Fenster, um den Holocaust zu entzünden. 700 Juden starben auf dies Weise einen qualvollen Tod.*

Überall in Europa geschahen solch unsägliche Verbrechen an der Menschlichkeit im Auftrag der Nazis. Jugoslawien und Griechenland wurden 1941 überfallen und auch dort wurden seitens der Deutschen die Juden verfolgt. Bilddokumentationen im Ausstellungskatalog "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944" empfehle ich allen, die großmäulig fordern, man möge stolz auf die Leistungen der Deutschen Wehrmacht im 1. und 2. Weltkrieg sein und an anderer Stelle sogar posaunen, man möge endlich die NS-Vergangenheit nicht mehr zum Thema machen. 

In besagtem Ausstellungskatalog  des Hamburger Instituts für Sozialforschung kann man sich davon überzeugen, wie sehr Wehrmachtsangehörige in die Massaker während des 2. Weltkrieges  verwickelt waren. 

So sprengte in #Babij_Yar eine Pioniereinheit der Wehrmacht die Ränder der Todes-Schlucht ab und planierte das Massengrab. Es waren Uniformierte, die in den Habseligkeiten der Ermordeten wühlten. Es waren Reservisten, die diese leid-geplagten 33. 771 Menschen ermordeten.** 

Ohne Kriegerklärung fielen deutsche Wehrmachtstruppen 1941 in Russland ein. Allein in Weißrussland verloren 2,2 Millionen Zivilisten durch die deutsche Wehrmacht ihr Leben.** 

Wer hier Stolz einfordert, kann selbst nur ein Nazi sein. 

Ein weiteres Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht, das immer wieder thematisiert werden muss, ist der Umgang mit sowjetischen Kriegsgefangenen. Von insgesamt 5,7 Millionen verloren 3,3 Millionen ihr Leben. 

Während der "Leningrader Blockade" am 8. September 1941 bis zum 27. Januar 1944 verloren 1,1 Millionen Zivilisten ihr Leben, weil die deutsche Wehrmacht diese Menschen verhungern ließ.*** 

Über die Kriegsverbrechen in der Nazi-Zeit gibt es endlos zu berichten, zu berichten gibt es aber auch viel über den unsäglichen Gifteinsatz im 1. Weltkrieg. Damit werde ich mich in einer weiteren Sonntagskolumne demnächst befassen.

Als Pazifistin empfinde ich es als unerträglich, wenn ein Mensch den Begriff "Stolz" in Verbindung mit Soldaten oder Kriegshandlungen nennt und noch unerträglicher, wenn die Kriegsverbrechen der Nazis unter den Teppich gekehrt werden sollen.

Der Zweck ist natürlich klar, man glaubt so ungestörter rechtsradikale Reden halten zu können, ohne an Folgen erinnert zu werden. Daraus wird aber nichts werden, solange wir in einer Demokratie leben. Die Grundwerte der Demokratie erfolgreich zu schützen, genau darum geht es.  Das sind wir nicht nur den Mitgliedern der "Weißen Rose" schuldig.

Helga König

*vgl: Daniel Jonah Goldhagen "Hitlers willige Helfer"
**vgl.: Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944  
*** vgl.Wikipedia- Leningrader Blockade

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